Play/Pause Pagoden, Stupas und Nats
Kapitel 4

PAGODEN, Stupas und Nats Kapitel 4

Wie eine Fata Morgana taucht Bagan in der Ebene auf: Majestätische Tempel erheben sich in der roten Steppe, psychedelisch glühend im Sonnenuntergang, und so weit das Auge reicht, ist eine Pferdekutsche das Einzige, was sich in diesem Panorama bewegt. Auch wenn das Reich von Bagan schon vor über siebenhundert Jahren untergegangen ist, so stehen hier immer noch über zweitausend Sakralgebäude. Es gibt wenige historische Monumente, die dem Betrachter derart den Atem rauben wie Bagan. Dass die Tempelstadt dennoch nicht als Weltkulturerbe ausgewiesen ist, liegt daran, dass Bagan immer noch ein Ort lebendiger Religiosität ist und nicht nur eine historische Stätte. Es war in Myanmar immer üblich, dass die Wohlhabenden und Mächtigen Klöster und Pagoden spendeten, um Verdienste für das nächste Leben zu sammeln. Allerdings hielten sie sich dabei nicht immer an konservatorische Auflagen.

Um einmal die etwas verwirrenden Begrifflichkeiten zu klären: Was wir als Pagode kennen, beschreibt den ganzen Komplex eines buddhistischen Heiligtums. Ein Stupa oder Zedi war ursprünglich ein Erdhügel und ist der Name für jene spitz zulaufenden Reliquienkammern, die man landläufig als Pagode bezeichnet. Diese Bauwerke sind massiv. Hohle und innen begehbare Schreine oder Tempel heißen Pahto.

So ist die wunderbare Schwedagon-Pagode genau genommen ein Zedi. Erbaut wurde die Schwedagon-Pagode der Legende nach auf acht Haaren Buddhas. Ein reicher Kaufmann, der von einer Hungersnot erfahren hatte, schickte seine beiden Söhne mit einer Schiffsladung Reis in das Krisengebiet. Auf dem Weg trafen sie auf einen Nat, der sie auf die Probe stellen wollte. Dieser fragte die beiden, ob sie eher nach Gold und wertvollen Steinen oder nach Erleuchtung strebten. Natürlich wählten die Brüder Erleuchtung, und der Nat schickte sie zu einem Bodhibaum, unter dem Buddha meditierte. Ehrfürchtig boten sie Buddha Reis und andere Dinge an, die er auch annahm. Als Dank schenkte er den beiden acht seiner Haare.

Wenn Sie sich jetzt fragen, was ein Nat ist: Nats sind eine Besonderheit des burmesischen Glaubens. Buddha und diese älteren Geister leben hier in friedlicher Koexistenz. Anstatt sie auszugrenzen, haben sich die buddhistischen Autoritäten mit ihnen arrangiert. Buddha wird als Vorbild und Lehrer verehrt, kann jedoch nicht hilfreich in das Leben des Einzelnen eingreifen oder dessen Wünsche erfüllen. Diese Aufgabe übernehmen die Nats.

Nats können nützlich und hilfreich sein oder auch den Menschen schaden, man geht Bündnisse mit ihnen ein oder besticht sie mit Opfergaben. Dabei sind sie nicht unsterblich, sondern haben nur eine ungleich längere Lebensspanne als Menschen. Viele von ihnen besitzen übernatürliche Kräfte, manche sind als Hausgeister ortsgebunden, andere nicht. Und viele von ihnen waren einmal Menschen, die eines gewaltsamen Todes starben. Nats sind im buddhistischen Kreislauf der Wiedergeburten eine Daseinsform, und wie als Mensch oder Tier, so kann man auch als Nat wiedergeboren werden. Buddha selbst war in verschiedenen Inkarnationen auch ein Nat, bevor er zu Buddha wurde, was ihn wiederum über die Geister erhebt und Geisterglaube und Buddhismus praktisch verbindet.

Im Fluss der Langsamkeit

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Burma/MyanmarIM FLUSS DER LANGSAMKEIT

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